Digitalisierung ist zu selten Chefsache
Drei Viertel der Unternehmen haben eine Digitalisierungsstrategie. Doch nur in 4 von 10 Unternehmen stößt die Geschäftsleitung Digitalisierungsprojekte an.
Digitalisierung ist zu selten Chefsache
Die große Mehrheit der deutschen Unternehmen geht die Digitalisierung
strategisch an, nur eine Minderheit macht das Thema aber zur
Chefsache. Zwar geben aktuell drei Viertel der Unternehmen (74
Prozent) an, dass sie eine Strategie zur Bewältigung des digitalen
Wandels haben. Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Anteil damit
allerdings nicht verändert. Zugleich werden nur noch in 42 Prozent der
Unternehmen Digitalisierungsprojekte und digitale
Innovationen vom Vorstand oder der Geschäftsleitung angestoßen, vor
einem Jahr war dies noch in 51 Prozent der Unternehmen der Fall.
Überwiegend kommen die Initiativen in 86 Prozent der Unternehmen aus
der IT-Abteilung (2016: 78 Prozent). Das ist das Ergebnis einer
repräsentativen Umfrage von Bitkom Research unter 905 Unternehmen mit
100 oder mehr Mitarbeitern in Deutschland. „Die
Digitalisierung verändert nicht nur
Geschäftsprozesse, sie verändert vor allem auch die Geschäftsmodelle.
Heute können Unternehmen ohne eigenes Warenlager zum Marktführer im
Handel werden oder ohne eine einzige Immobilie oder ein einziges
Fahrzeug zu besitzen, weltweit führend bei Übernachtungsangeboten oder
im Beförderungsgewerbe werden“, sagt Dr. Axel Pols, Geschäftsführer
der Bitkom Research. „Die Studienergebnisse
spiegeln die rasante Digitalisierung in Deutschland wider. Unternehmen
spüren die disruptiven Effekte deutlich stärker als vor einem Jahr.
Wer jetzt noch zögert, riskiert ganz klar Marktanteile.“
Grundsätzlich gibt es der Studie zufolge eine große Offenheit
gegenüber innovativen digitalen Technologien in der deutschen
Wirtschaft. So sind jeweils rund drei Viertel der Befragten
interessiert und aufgeschlossen gegenüber Cloud
Computing (77 Prozent) und Big Data
Analytics (72 Prozent), jeder Zweite gegenüber dem Internet
der Dinge (46 Prozent). Rund jedes dritte Unternehmen interessiert
sich für Technologien wie Virtual und Augmented Reality (37 Prozent),
3D-Druck (36 Prozent), Künstliche Intelligenz (35 Prozent) oder
Robotik (29 Prozent). Nur 7 Prozent geben an, dass sie gegenüber der
Blockchain-Technologie interessiert und aufgeschlossen seien.
„Unternehmen sollten den Einsatz von Technologien ganzheitlich
denken“, sagt Müller-Jones. „Viele Technologien entfalten ihr volles
Potenzial erst, wenn sie miteinander verknüpft werden.“ Gerade mit
Blick auf junge, noch wenig eingesetzte Technologien ergänzt
Bitkom-Research-Geschäftsführer Pols: „Unternehmen, die schon heute
auf eine Technologie wie Blockchain oder
Künstliche Intelligenz setzen, können sich dadurch
einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz erarbeiten.
Hilfreich kann es dabei sein, den Austausch mit Vorreitern in diesem
Bereich, aber auch mit Start-ups aus dem Technologiebereich zu suchen.“
Der Einsatz innovativer digitaler Technologien hat auch
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. So wollen 11 Prozent der
Unternehmen die Stelle eines Cloud Engineers im Unternehmen schaffen,
8 Prozent wollen diese Qualifikation über einen externen Dienstleister
nutzen. Jeweils 5 Prozent der Unternehmen planen Stellen für Data
Scientists und Application Developer zu schaffen, externe
Dienstleister wollen dazu 4 bzw. 9 Prozent nutzen. Die größte
Nachfrage besteht allerdings nach IT-Sicherheitsexperten. Eine solche
Stelle im Unternehmen wollen 15 Prozent besetzen, 20 Prozent wollen
das Know-how extern beziehen.
Die Bedeutung der digitalen Transformation für
die deutsche Wirtschaft spiegelt sich auch in der
Investitionsbereitschaft wider. Im Durchschnitt haben die Unternehmen
im vergangenen Jahr 4,6 Prozent ihres Gesamtumsatzes in die
Digitalisierung investiert. Jedes zweite Unternehmen (52 Prozent)
setzt 5 bis 10 Prozent des Umsatzes dafür ein, 4 Prozent sogar 10 bis
20 Prozent.
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine
Unternehmensbefragung, die Bitkom Research im Auftrag des
IT-Beratungsunternehmen Tata Consultancy Services durchgeführt hat.
Dabei wurden 905 Unternehmen mit 100 oder mehr Mitarbeitern befragt.
Die Interviews wurden mit Führungskräften durchgeführt, die in ihrem
Unternehmen für das Thema Digitalisierung verantwortlich sind. Dazu
zählen Geschäftsführer und Vorstandmitglieder ebenso wie Entscheider
aus den Bereichen Digitale Technologien, Informationstechnik,
Operatives Geschäft und Finanzwesen. Die Umfrage ist repräsentativ für
die deutsche Gesamtwirtschaft ab 100 Mitarbeitern.